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Carlos Ruiz Zafón: Marina

Barcelona im Jahre 1980: Der Internatsschüler Oscar lernt die schöne und geheimnisvolle Marina kennen. Das Mädchen, das mit seinem kranken Vater in einer heruntergekommenen Villa lebt, führt ihn auf einen alten Friedhof, wo die beiden eine schwarzgekleidete alte Frau beobachten, die ein Grab besucht, dessen Grabstein nur das Symbol eines schwarzen Schmetterlings ziert. Als sie die Dame, deren Gesicht ihnen verborgen bleibt, verfolgen, geraten sie in einen Strudel düsterer tödlicher Geschehnisse.

Schon auf den ersten Seite packt einen Zafóns Schreibstil, seine sehr bildhafte, aber düstere und melancholische Beschreibung Barcelons zieht den Leser in eine dunkle Märchenwelt, aus der dieser kaum mehr auftauchen mag. Diese Atmosphäre scheint in “Marina”, das Zafón schon vor seinem Bestseller “Der Schatten des Windes” schrieb, sogar noch konsequenter als in eben diesem “Schatten des Windes” oder auch der Fortsetzung “Spiel des Engels” zu sein. Ohne jegliche Längen führt das Buch in geheimnisumwitterte Abgründe, tragische Liebesgeschichten und tödlichen Wahn.
In meinen Augen ist “Marina” dem grandiosen “Schatten des Windes” durchaus ebenbürtig. Bleibt zu hoffen, dass Zafón nach “Spiel des Engels”, das zwar auch fantastisch ist, aber nicht an die beiden anderen Barcelona-Romane heranreicht, wieder zu alter Form findet und uns noch viele weitere dunkle Ausflüge in sein tragisches, morbides Barcelona schenkt.

Carlos Ruiz Zafón: Das Spiel des Engels

David Martin, Schriftsteller mythischer dunkler Geschichten, gerät in eben eine solche, als er einen mehr als lukrativen Auftrag des mysteriösen Pariser Verlegers Andreas Corelli annimmt. Je mehr David über seinen Auftraggeber und die Umstände seines Auftrags herausfindet, desto tiefer gerät er in einen Strudel erschütternder Erkenntnisse und Ereignisse, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Alles scheint um ihn aufgebaut…
Wie Der Schatten des Windes, Zafóns grandioser Vorgängerroman, spielt Das Spiel des Engels in Barcelona, allerdings ein paar Jahre vorher. Auch der Friedhof der vergessen Bücher und manches mehr des Schattens spielen eine Rolle und die atmosphärische, düstere Stimmung bleibt ebenfalls erhalten. So taucht man in eine stimmungsvolle, spannende Geschichte ein, die einen das Buch kaum einmal zur Seite legen läßt. Die Vorstellungskraft läuft auf Hochtouren, man bangt mit, wie es eben bei einem großartigen Roman sein sollte.
Doch dann, nach den letzten hundert oder zweihundert Seiten, die ob der Spannung einen Endspurt beim Leser verursachen, gibt es doch noch einen Wermutstropfen für alle jene, die begeistert waren von der genialen Auflösung im Schatten des Windes, denn so etwas sucht man im Spiel des Engels vergebens. Wer gerne interpretiert, unterschiedliche Deutungen diskutiert, wird gut bedient, die anderen werden wohl mit einer kleinen Enttäuschung leben müssen.
Dennoch machen der Schreibstil, die gekonnt erschaffene Atmosphäre im Barcelona der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, das Spiel des Engels zu einem sehr guten Buch, das nur nicht ganz an seinen Vorgänger Schatten des Windes heran reicht. Diesen muß man für das Verständnis nicht unbedingt lesen, empfehlenswert ist es allerdings schon, um den Wiedererkennungswert einiger Szenen und Namen auszukosten.